Gelungene Eingewöhnung im Kindergarten - ihr Geheimnis
Georg Lenz • 14. April 2024
Immer wieder lese ich in Konzeptionen und Ratgebern das Wort "übernehmen" - die Fachkräfte übernehmen mehr und mehr die Betreuung des Kindes.
Genau da muss das Umdenken stattfinden, sowohl bei den Fachkräften als auch bei den Eltern. Und schon ist das Geheimnis gelüftet.
Die Eingewöhnungsphase im Kindergarten markiert einen bedeutsamen Meilenstein für Kinder und Eltern gleichermaßen. Eine aktive Übergabe der Beziehungsgestaltung durch die Eltern spielt dabei nicht nur eine entscheidende Rolle für einen gelungenen Start. Sie beeinflusst ebenso den Gesamtverlauf der Kindergartenzeit.
Was genau meine ich mit
“aktive Übergabe der Beziehungsgestaltung”?

Die Art von Beziehung und Umgang, welche Kind und Eltern miteinander kennen und privat leben, muss beim Kindergartenstart Raum bekommen. Damit Eltern das Ruder an die Fachkräfte übergeben können, müssen sie zuallererst mit ihrem eigenen Beziehungsboot ankommen.
In der Partizipatorischen Eingewöhnung heißt es zum Beispiel so treffend - “sich Ihrem Kind gegenüber wie gewohnt verhalten…”
Es steht außer Frage, dass die Einrichtung den Rahmen vorgibt, der Eltern und Kind beim Ankommen in der Eingewöhnung zur Verfügung steht. Schließlich ist sie für das Wohl der Gruppe verantwortlich und die Eingewöhnung darf weder einem geschmeidigen Tagesablauf, noch einer ungestörten Gruppendynamik im Weg stehen. Dieser Rahmen muss noch vor dem Beginn der Eingewöhnung zwischen Fachkraft/Leitung und Eltern möglichst genau besprochen werden.
Dennoch.
Eltern sind Experten
Den Rahmen für die bindungsstarke Begleitung des Kindes beim Start der Eingewöhnung geben die Eltern vor.
Und ich möchte dich, liebe Mama, lieber Papa, ganz herzlich dazu ermutigen, dich dieser Rolle zu stellen und sich darauf einzulassen. Für dein Kind, bist DU die Expertin/der Experte. Du hast das Ruder eures Beziehungsbootes in der Hand.

In deiner Rolle als ExpertIn geht es in erster Linie nicht um pädagogische “Richtigkeit”, also deine fachliche Kompetenz. Hier geht es einzig und allein um deine Expertise auf dem Gebiet der emotionalen Nähe. Es geht um das Gefühl der Sicherheit bei deinem Kind und dir selbst, die Basis also für eine ungestörte Bindung. Es geht hier um das Gefühl, sich in einem liebenden und geliebten Umfeld aufzuhalten, wo man jederzeit ein vertrautes Gesicht sehen, vertrautes Wort hören, vertraute Umarmung spüren kann. Dieser Raum für einen authentischen Umgang miteinander muss eine Grundvoraussetzung sein und du darfst dir diesen Raum nehmen, für ein sicheres Ankommen im Kindergarten. Für dein Kind und für dich.
Und aus diesem Zustand heraus erfolgt schrittweise die aktive Übergabe.
deine übergabe im kindergarten -
praktische umsetzung
Ich möchte dir den Unterschied zwischen einer Übernahme der Beziehungsgestaltung durch die Fachkraft (deine Rolle ist passiv) und einer Übergabe durch dich an die Fachkraft (du initiierst - aktive Rolle) anhand folgender Situation verdeutlichen.
Ausgangssituation:
Du sitzt mit deinem Kind und der Fachkraft im Sandkasten und dein Kind sagt zu dir, dass es eine Schaufel braucht.
→ Übernahme durch die Fachkraft
Du schaust dich daraufhin um und suchst allein oder mit dem Kind die Schaufel. Die Fachkraft bleibt in der Nähe und bietet ihre Hilfe beim Suchen an. Sie übernimmt also selbst die Initiative, zu euch in euer Beziehungsboot einen Fuß hineinzubekommen.
→ ÜBERgabE DURCH DIch
Du übergibst das Bedürfnis deines Kindes aktiv an die Fachkraft, indem du deinem Kind vorschlägst, sie nach der Schaufel zu fragen. Damit geht von dir eine aktive Einladung aus. Du signalisierst damit dem Kind und auch der Fachkraft, dass es in Ordnung ist, sie mit ins Boot zu holen.
Dieses Signal ist unheimlich wertvoll. Damit vermittelst du deinem Kind, dass du diesem Ort und dieser Person vertraust. Darüber hinaus lebst du deinem Kind Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz vor, zwei Eigenschaften, die für die Gesamtentwicklung des Kindes von sehr großer Bedeutung sind.
Vorteile einer aktiven Gestaltung der Eingewöhnung durch Eltern

Eine aktive Einladung an die Fachkraft, eine Beziehungsaufnahme zu starten, hat also viele positive Effekte.
- Eltern werden ernst- und wahrgenommen und erfahren eine bedingungslose Wertschätzung. Das stärkt das Vertrauen in die Einrichtung und in sich selbst.
- Eine vertrauensvolle Haltung der Eltern gegenüber der Einrichtung erleichtert es ihrem Kind, sich auf die neue Umgebung und neue Beziehungsaufnahmen einzulassen.
- Auch die Fachkraft profitiert davon. Sie kann ohne Handlungsdruck sehr genau beobachten, wo ihre Kontaktaufnahme ansetzen kann. Sie bekommt einen wichtigen Einblick in die Beziehungsdynamik zwischen Kind und Eltern. So kann sie den realistischen Rahmen für den bevorstehenden Beziehungsaufbau einschätzen und sich klarmachen, wo sie die Beiden abholen kann.
Somit kann die gesamte Kindergartenzeit auf der zentralen Erfahrung aufbauen:
Mein Kind und ich sind hier willkommen,
und zwar so, wie wir sind.

Und das ist für die Eingewöhnung die entscheidende Erfahrung, welche das Sicherheitsbedürfnis des Kindes stillt. Das Kind bekommt durch die daraus resultierende Haltung der Eltern das Signal:
Los, du kannst diese Umgebung erkunden und diesen Menschen vertrauen.
Ich fühle mich hier sicher.
Du bist hier sicher.
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Die Eingewöhnung hochsensibler Kinder im Kindergarten

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Der Begriff „Rückschritt“ fällt im Zusammenhang mit der Eingewöhnung in den Kindergarten oft, wenn Kinder nach einer Phase des Wohlfühlens plötzlich wieder vermehrt nach Nähe und Sicherheit suchen. Eltern und Erzieherinnen stellen sich dann die Frage, ob etwas schiefgelaufen ist, ob das Kind vielleicht nicht bereit für den Kindergarten ist oder ob der Übergang ins neue Umfeld zu früh erfolgte. Doch dieser Gedanke ist nicht nur veraltet, sondern auch wenig hilfreich.

Manchmal sitze ich da und überlege mir, worüber ich schreiben kann. Mir kommen alle möglichen Themen in den Sinn. So wie jetzt. Eins davon fühlt sich gerade ganz authentisch an, also formuliere ich eine Überschrift. Jaaa, das klingt gut, denke ich mir. Das kennen sicher viele Eltern, worüber es unter dieser Überschrift gehen wird. Ich fange an, im Kopf Sätze zu bilden. Ich mag es, wenn sie so richtig wohlgeformt sind und nach was klingen (ja, in diesem Artikel wird das Wörtchen “ich” wohl öfter vorkommen).